Wenn ich ein neues Projekt starte oder um eine Einschätzung einer Geschäftsidee gebeten werde, orientiere ich mich meist an folgenden Kriterien. Die Reihenfolge spiegelt dabei grob die Priorität wieder, die die einzelnen Bereiche für mich haben.
Der Ausgangspunkt: ein großes Problem
Mit Abstand der wichtigste Faktor für mich ist, wie groß das Problem für das ich eine Lösung biete. Der Grund dafür ist einfach: je größer das Problem ist dass ich lösen kann um so größer ist das Bedürfnis nach meiner Lösung. Und je größer das Problem ist, umso besser stehen die Erfolgschancen für diese Unternehmung. Das macht sich vor allem in 2 Bereichen bemerkbar:
- Einfache Vermarktung
Wenn ich ein großes Problem lösen kann, benötige ich meist nur wenig Aufwand in der Vermarktung. Solange das Problem klar adressiert wird, verstehen potentielle Kunden den Nutzen sofort und müssen nicht aufwendig überzeugt werden sich mit dem Angebot zu beschäftigen. - finanzielles Potential
Wenn ein Problem groß ist, bedeutet es das den Kunden der entstehende Schaden oder potentielle Verlust meist recht klar bewusst sind. Dementsprechend sind sie auch bereit viel zu investieren, solange der Nutzen größer ist als die Kosten, vorausgesetzt die Zielgruppe verfügt grundsätzliche über entsprechende Mittel.
Je geringer das Problem ist, dass man lösen möchte, um so mehr Arbeit um man in die Vermarktung stecken. Bei vielen “nice-to-have-Angeboten” ist den potentiellen Kunden schon alleine die Zeit sich mit der Lösung zu beschäftigen zu schade. Ich sage nicht, dass es nicht möglich ist, aber dann ist es halt wie “Kühlschränke an Eskimos” zu verkaufen.
Konkurrenz
mangelhafte Alternativen
Hier geht es vor allem darum, welche bestehenden Möglichkeiten es für potentielle Kunden gibt ihr Problem zu lösen. Das betrifft einerseits direkte Konkurrenzprodukte (Brille von Fielmann vs.Brille von Apollo) aber auch alternative Lösungsmöglichkeiten (Brille vs. Kontaktlinsen). Je besser ein Kunde dein Bedürfnis bereits mit bestehenden Angeboten befriedigen kann, um so schwerer wird es für mich mein Angebot zu vermarkten. Wirklich großes potential hat eine Geschäftsidee nur dann, wenn deine Lösung deutlich besser ist als bestehende Lösungen. Wenn dein Produkt nur genauso gut oder minimal besser ist, ist die Wechselbereitschaft der Kunden gering und damit die Markteintrittsbarrieren hoch.
keine Konkurrenz
Was im ersten Moment perfekt klingt, kann ein großer Warnhinweis sein. Wenn du eine Produktidee hat für die es absolut eine ähnlichen Angebote gibt, ist die Wahrscheinlichkeit größer das deine Idee einen Harken hat als das deine Idee einfach absolut brilliant ist. Prüfe genau, ob alle anderen Faktoren (besonders Problembewustsein und Nachfrage) erfüllt ist. Die Geschichte Zeit das die meisten erfolgreichen Geschäftsideen aus Weiterentwicklung oder Spezialisierung bestehender Lösungen entstehen.
Nachfrage
Marktgröße
Bei der Nachfrage geht um große des Marktes bzw die Anzahl der potentiellen Kunden. Je mehr Kunden es gibt, um so sinnvoller ist es ein standardisiertes Angebot zu entwickeln. Wenn es zu wenig Kunden gibt, wird die Angebotserstellung schnell wirtschaftlich nicht rentabel. Dabei ist es entscheidend, immer möglichst konservativ zu schätzen. Die Zahl der aller im Markt befindlicher potentieller Kunden ist dabei wenig relevant. Entscheidend ist, wie viele Interessenten ist auch realistisch erreichen wirklich zu Kunden konvertieren kann.
Trend
Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie die Entwicklung der Nachfrage ist. Handelt es sich nur um einen kurzen Hype oder ist die Nachfrage langfristig fallend, ist das Geschäft riskant.
Aktive Nachfrage
Auch sollte geprüft werden ob es sich um eine aktive oder nur um eine theoretische Nachfrage handelt. Bei einer aktiven Nachfrage gibt es etablierte Recherche und Kaufprozesse rund um das Angebot in das ich mich als Anbieter einklinken kann. Das kann entsprechendes Suchvolumen auf Google sein bis hin zu Distribution über Händler. Bei einer theoretischen Nachfrage gibt es zwar eine Zielgruppe für die das Angebot theoretisch interessant ist, aber diese sucht nicht aktiv nach diesem Angebot weil sie es nicht kennt oder oder dem Problem nicht bewusst ist. Dies is vor allem bei neuartigen Angeboten der Fall. Aktuell gibt es keine aktive Nachfrage nach fliegenden Autos.
Softe Faktoren
technische Umsetzbarkeit
Hier geht es darum, ob ich überhaupt die Mittel habe, um ein Angebot zu erstellen. Die wichtigsten Faktoren dabei sind
- die finanziellen Mittel
- die zeitlichen Ressourcen
- das fachliche Wissen
- die rechtlichen Möglichkeiten
Ohne diese Voraussetzungen kann ich mein Angebot nicht erstellen. Selbst wenn ich mir also eine gute theoretische Problemlösung ausgedacht habe, würde es an der Umsetzung scheitern. Dabei ist wichtig die benötigten Ressourcen nicht zu unterschätzen. Viele Menschen realisieren oft nicht, wie sehr Tätigkeiten die einzeln klein erscheinen (Artikel schreiben, Produkt einkaufen, Datensatz einpflegen) auf einmal gigantisch groß werden, wenn man diese tausende oder millionen Mal benötigt.
Solange jedoch das Potential der Geschäftsidee groß genug ist, hat man hier oft die Möglichkeit oder Partner, Investoren oder Kooperationen an entsprechende Ressourcen zu gelangen.
direkte Monetarierungsmöglichkeit
Je nach persönlicher Präferenz ist auch zu berücksichtigen, wann man sein Angebot monetarisieren kann und wie hoch die Zahlungsbereitschaft überhaupt ist.
Hier gibt es verschiedene Modelle
- Dienstleistung anbieten
Hier kann ohne große Vorleistung eine Leistung vermarktet werden. Die Bezahlung direkt und unmittelbar. - Produkte verkaufen
Hier muss man meist etwas in Vorleistung gehen und (digitale oder physische) Produkte zu erstellen. Der Verkauf erfolg dann aber trotzdem direkt. - Reichweite vermarkten
Hier werden Angebote kostenfrei zugänglich gemacht (meist Informationen oder Tools). Die Refinanzierung erfolgt hier indirekt über Werbung oder Partnerprogramme. Durch diese Entkopplung ist Monetarisierung gerade zu Beginn schwer planbar.
Je direkter die Vergütung erfolgt, um weniger Risiko geht man bei einer Unternehmung ein. Wenn man ein Angebot ohne Monetarisierung betreibt, kann man nur auf einen langfristigen Markenaufbau hoffen. Dies ist aber in meinen Augen nicht als Geschäftsmodell bezeichnet werden.
persönliches Interesse
Viele Leute sagen, dass man unbedingt ein “passion project” verfolgen sollte, sehe ich das etwas entspannter. Es gibt viele erfolgsversprechende Geschäftsideen in den verschiedensten themenbereichen. Je langweiliger oder unbeliebter ein Thema ist, um so geringer ist jedoch oft die Konkurrenz und um so erfolgversprechender ist somit die Idee. Sicher es es hilfreich, wenn man sich gerne mit einem Thema beschäftigt. Aber auch in andere Themen kann man sich oft schnell einarbeiten und Lösungen anbieten. Man sollte nur prüfen, dass das Thema nicht komplett gegen die eigenen Interessen geht. Denn man man sich überhaupt nicht dafür motivieren kann, wird man es auch erfolgreich vermarkten können.
fair & nachhaltig
Hier muss jeder selber entscheiden, wie die eigenen ethischen und moralischen Standard sind. Für mich persönlich gehören zu einem guten Geschäftsmodell auch folgende Grundsätze:
- ökonomisch nachhaltig
Ich interessiere mich weniger für kurzfristige Abitragemöglichkeiten oder temporären Systemlücken. Sicher kann man hier auch gutes Geld verdienen, aber ich bin ein Freund von Systemen die Mehrwert generieren und kumulieren. - win-win-win
Die Basis einer nachhaltigen Unternehmung besteht darin, als alle Beteiligten einen Vorteil aus dem Geschäft ziehen. Dazu gehören neben mir und dem Kunden auch Zulieferer, Mitarbeiter oder Partner. Sobald es eine Partei im Nachteil ist, kann das Geschäftsmodell nicht dauerhaft bestehen. - ökologisch nachhaltig
Letztlich sollten wir auch darauf achten, dass wir mit der Umwelt und ihren Ressourcen sinnvoll umgehen. Gerade bei der Herstellung von physischen Produkten finde ich es äußerst verwerflich, wenn man massiv in den Umweltkreislauf eingreift und dauerhaft zerstört.
Fragen, die du dir stellen solltest:
- Kenne ich das Problem, was ich lösen will, persönlich?
- Habe ich einen Beweis, dass Kunden für die Lösung bezahlen werden?
- Habe ich effektive Möglichkeiten, meine Zielgruppe zu erreichen?
- Wird es mir Spaß machen, die nächsten 2 Jahre daran zu arbeiten?
- Ist es ein „winner-take-all“ Markt?
- Kann ich skalieren, wenn das Angebot ankommt?
- Was habe ich, selbst wenn das Projekt fehlschlägt?
Fazit
Wenn man eine Geschäftsidee auf diese Faktoren prüft, bekommt ein ein gutes Bild davon, wie erfolgsversprechend die Idee ist. Dabei ist nicht gesagt, das eine Idee scheitern muss, wenn ein oder mehrere Kriterien nicht erfüllt werden. Gewisse Nachteile kann man in anderen Bereichen durchaus kompensieren. Es finden sich zahlreiche Beispiele dafür, wie erfolgreiche Unternehmen trotz verrückter Ideen oder fehlender Strategie aufgebaut worden sind. Das will ich nicht abstreiten. Aber es gibt eben auch unzählige erfolglose Unternehmungen. Der Sinn dieser Bewertungsfaktoren besteht darin die Erfolgschancen besser zu erkennen. Wenn man “die Eine” Geschäftsidee hat, an die man uneingeschränkt glaubt, darf man diese ja gerne unabhängig von irgendwelchen Bewertungen verfolgen. Oft hat man aber verschiedene Ideen oder sucht gezielt nach neuen Ideen. Das Ziel dieser Methode ist, sich genau die Geschäftsidee herauszusuchen, die das geringste Risiko zum scheitern bietet.
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